"Die Leuten wollen mithalten, können es aber nicht"
Mehr Menschen mit Geldproblemen laut Studie in Caritas-Sozialberatung
Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund sowie mehr mit
finanziellen Problemen suchen die Allgemeine Sozialberatung der
Caritas-Kreisstellen im Bistum Eichstätt auf. Das sind die hervorstechendsten
Ergebnisse einer inzwischen ausgewerteten Stichtagserhebung über diesen Kerndienst
des katholischen Wohlfahrtsverbandes. Der Deutsche Caritasverband hatte die Untersuchung
für
alle Diözesen in Deutschland am 21.
September 2017 durchgeführt. Danach gab es an diesem Tag fast 100 Ratsuchende
bei den sieben Caritas-Sozialberatungsstellen in der Diözese Eichstätt.
Viele mit
Migrationshintergrund
Der Anteil der Hilfesuchenden mit Migrationshintergrund ist bei den
Stellen im Vergleich mit derselben Erhebung im Vorjahr von 30 auf 42 Prozent
gestiegen. Nach Information von Bernhard Gruber ist die Allgemeine
Sozialberatung der Caritas mittlerweile für viele anerkannte Asylbewerber eine
erste Anlaufstelle, wenn es in ihrer Umgebung keinen Migrationsdienst gibt.
Dies betreffe vor allem die ländlichen Gegenden. Gruber ist Sozialberater bei
der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt und Sprecher für die Allgemeine
Sozialberatung bei der Caritas im Bistum Eichstätt. In seine Beratung in
Ingolstadt kämen hingegen vor allem zahlreiche Arbeitsmigranten aus den
EU-Ländern Rumänien und Bulgarien: „Viele haben ungesicherte
Beschäftigungsverhältnisse, manche finden gar keinen Job und sehr viele keine
Wohnung“, berichtet der Sozialberater. Darüber hinaus suchten auch nach wie vor
mehrere Menschen mit ausländischen Wurzeln Rat, die schon länger in Deutschland
leben, zum Beispiel Spätaussiedler.
Viele der Zugewanderten, aber auch zahlreiche einheimische Ratsuchende
leiden unter akuten Geldproblemen. Laut der Untersuchung ist die Anzahl der
Menschen mit allgemeinen Schulden im Vergleich zum Vorjahr von 25 auf 29
Prozent, jener mit Mietschulden von fünf auf zwölf Prozent und derjenigen mit
sonstigen finanziellen Problemen von 35 auf 41 Prozent angewachsen. „Zu uns
kommen zahlreiche Hilfesuchende, die Schulden aus ihrem Existenzminium zurückzahlen“,
erklärt Gruber. Das betreffe zum einen Darlehen ans Jobcenter für zum Beispiel
die vorgestreckte Wohnungskaution oder die Beihilfe zur Reparatur einer
kaputten Waschmaschine. Zum anderen „zahlen unsere Klienten allerdings leider
auch oft die falschen Schulden“, erfährt der Caritasmitarbeiter immer wieder: „etwa
für Handyverträge mit hohen Kosten oder Unfallversicherungen, und dann bleibt
nichts mehr für die Miete übrig“.
Immer häufiger vereinbart Gruber daher für Betroffene, dass deren Miete
direkt vom Amt aus den Sozialleistungen an die Vermieter gezahlt wird und
erstellt gleichzeitig mit den Hilfesuchenden einen privaten Haushaltsplan.
„Viele begleichen zahlreiche kleinere Beträge mit der EC-Karte, obwohl ihr
Konto nicht gedeckt ist“, sieht der Sozialberater immer öfter, wenn er mit
ihnen ihre Ausgaben durchgeht. „Die Leute wollen mithalten, können es aber
nicht“, erfährt Gruber zunehmend. Fast die Hälfte der knapp hundert
Ratsuchenden am Stichtag bezog Arbeitslosengeld II, über ein Drittel hatte aber
auch ein eigenes Erwerbseinkommen. „Auch von diesen Menschen leben viele in
Armut. Viele kommen am Ende des Monats, auch wenn sie keine Schulden haben,
kaum noch über die Runden und viele Leiharbeiter wissen zudem nicht, wie lange
sie noch Arbeit haben“, weiß Gruber.
Auch Partnerschaften
belastet
Die finanziellen Probleme wirken sich oft negativ auf Ehe und
Partnerschaft aus. „Manche verfallen der Spielsucht, in Beratungsgesprächen
geht es auch um bevorstehende Trennungen“, so Gruber. Der Anteil der Menschen
in Ehe und Partnerschaft, die bei den Caritas-Sozialberatungsstellen im
Bistum Hilfe suchten, ist bei der
Stichtagserhebung von 32 Prozent im Vorjahr auf 43 Prozent heuer gestiegen.
Wie in den
Vorjahren waren die
Ratsuchenden überwiegend Frauen, allerdings ist der Anteil der Männer bei der
Untersuchung im Vergleich mit dem vergangenen Jahr um acht Prozent angewachsen.
„Zu uns in Ingolstadt kommen viele alleinstehende Männer, die kein soziales
Netz haben. Darunter sind auch solche, denen nach dem Gewaltschutzgesetz aufgrund
häuslicher Gewalt der Kontakt zur Frau verboten wurde und die sich allein im
Alltag nicht zurechtfinden“, informiert Bernhard Gruber.
Im Bistum Eichstätt leisten den Caritas-Kerndienst Allgemeine
Sozialberatung die Kreisstellen in Eichstätt,
Herrieden
,
Ingolstadt, Neumarkt, Nürnberg-Süd, Roth und Weißenburg. Außenstellen gibt es
zudem in Altdorf,
Beilngries
,
Eibach
,
Gunzenhausen, Hilpoltstein,
Kösching
, Schwabach und
Wemding
.