
Der Neubürgerempfang bei Ministerpräsident Markus Söder (Mitte) war für Büsra Mollaalioglu und ihren Mann ein ganz besonderer Moment. Foto: Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration
Nicht ohne Stolz erzählt die 32-jährige Büsra Mollaalioglu vom Neubürgerempfang im Mai dieses Jahres im Kaisersaal und Vierschimmelsaal der Residenz München. Dort waren sie und ihr Mann als einzige neue deutsche Staatsbürgerin und einziger neuer deutscher Staatsbürger aus Ingolstadt von Ministerpräsident Markus Söder und dem Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann eingeladen. "Wir haben gemeinsam die deutsche Nationalhymne gesungen, es gab Reden und wir haben Fotos gemacht", erinnert sie sich gerne an diesen Moment. Mindestens ebenso froh ist die Frau türkischer Herkunft darüber, dass sie seit Oktober dieses Jahres Mitarbeiterin der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt ist.
Das Herz bei der Beratung von Zugewanderten
Im Rahmen ihres Weiterbildungsstudiums in München zur Anerkennung ihres Bachelors in Soziale Arbeit in der Türkei hatte Büsra Mollaalioglu dort vor einigen Jahren schon einmal ein mehrmonatiges Praktikum absolviert. Als sie ihren Beruf auch hier ausüben durfte, war bei der Caritas allerdings keine Stelle frei. Deshalb war sie zunächst zwei Jahre beim Gesundheitsamt Ingolstadt tätig. "Dort habe ich auch sehr nette Menschen kennengelernt und viele wertvolle Erfahrungen gesammelt", möchte die Sozialpädagogin diese Zeit nicht missen, fügt aber hinzu: "Dennoch war mein Herz immer bei der Beratung von Zugewanderten. Der Wunsch, diese Menschen individuell zu unterstützen, hat mich zurück in die soziale Arbeit bei der Caritas geführt." Dass sie als Frau türkischer Herkunft eine besondere Empathie entwickelt, um Menschen mit ausländischen Wurzeln auf ihrem Weg in Deutschland weiterzuhelfen - nicht nur türkischen Landsleuten -, davon ist Büsra Mollaalioglu fest überzeugt.
"Ich musste die Türkei aufgrund persönlicher schwieriger Umstände verlassen", erklärt die Caritasmitarbeiterin. Näher möchte sie sich dazu nicht äußern. Doch sie hat daran geglaubt, "dass ich in Deutschland ein sicheres und stabiles Leben aufbauen kann, und ich bin sehr froh, hier zu sein." Ihre Eltern seien nicht begeistert davon gewesen, als sie vor sieben Jahren gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem gemeinsamen seinerzeit sechs Monate alten Sohn die Türkei verließ. Doch sie sahen ihre Zukunft in Deutschland, wo der Opa von Büsra Mollaalioglus Mann früher als Gastarbeiter lebte. Da der Bruder ihres Ehemanns auch in Ingolstadt lebt, zog es die Familie ebenso in die Audistadt. Beide fingen sofort an, Deutsch zu lernen. Dann gingen die zwei erfolgreich ihren beruflichen Weg. Der Mann der heutigen Caritasmitarbeiterin ist inzwischen als Systemingenieur in der IT-Branche beschäftigt.
Dass sie selbst bei der Flüchtlings- und Integrationsberatung arbeitet, passt nach Überzeugung von Büsra Mollaalioglu gut zu ihren eigenen Werten. "Ich sehe mich selbst als eine Art Brücke, um Menschen dabei zu helfen, ihre Probleme zu lösen", bringt sie ihre Mission auf den Punkt. Herausfordernd für sie sei manchmal die Bürokratie, aber die Unterstützung durch ihr Team erleichtere alles. Die Möglichkeiten für Menschen ausländischer Herkunft hält Büsra Mollaalioglu in Deutschland für besser als in vielen anderen Ländern, wenngleich sie nicht verhehlt, "dass es auch hier Rassismus und Ungleichheit gibt. Und der zunehmende Rechtsextremismus besorgt mich."
"Eines Tages schlägst du hier Wurzeln"
Die meisten Klientinnen und Klienten erlebt die Caritasmitarbeiterin als "motiviert, um hier selbständig zu leben, bei einigen würde ich mir wünschen, dass sie mehr Selbstinitiative zeigen". Auch mit diesen geht sie aber geduldig um. Denn für die Migrantin steht fest, "dass die wahren Mutigen die sind, die emigrieren, eine neue Sprache lernen, sich in einem neuen Land zurechtfinden müssen, in dem am Anfang alles fremd ist". Doch sie macht ihnen mit den Worten Mut: "Eines Tages schlägst du hier Wurzeln."
Wurzeln schlägt Büsra Mollaalioglu jedenfalls nach und nach bei der Caritas - und dies obwohl oder vielleicht auch weil sie gläubige Muslimin ist. Sie sieht vor allem die Gemeinsamkeiten zwischen dem Christentum und dem Islam: "Wir glauben an denselben Gott und haben denselben Stammvater Abraham." Den Caritas-Spruch "Ohne Liebe ist alles nichts" hat auch sie sich zu eigen gemacht. Die Muslimin feiert zwar selbst kein Weihnachten, geht aber auch auf Weihnachtsfeiern und Weihnachtsmärkte. Was ihre private und berufliche Perspektive betrifft, möchte Büsra Mollaalioglu in Ingolstadt weiterleben und bei der Caritas in der Flüchtlings- und Integrationsberatung weiterarbeiten.