Bereits seit September dieses Jahres erkunden 15 Schülerinnen des Gabrieli Gymnasiums das Stadtgebiet Eichstätt, um einen barrierefreien Stadtführer zu erarbeiten. Jetzt erhielten sie Besuch von Angelika Scherupp, die trotz Seheinschränkung alleine in Eichstätt lebt, und Birgit Fehn, einer gehörlosen Frau aus Ingolstadt. Beide Frauen berichteten aus ihrer jeweiligen Lebenswelt mit Einschränkung.
Angelika Scherupp kommt in aller Regel ohne fremde Hilfe im Alltag zurecht. Dennoch stellt der momentane Umbau der Pfahlstraße für sie ein großes Hindernis dar und macht es ihr unmöglich, ihre Wohnung alleine zu verlassen. "Ebenso können schnell auftauchende Radfahrer oder Schilder, die plötzlich auf dem Gehweg stehen, zur Unfallgefahr werden", erklärte die sehbehinderte Frau. Während sie früher einen Blindenhund hatte, verlässt sie sich heute auf ihren Blindenstock. "Schritte zählen, um mir Abstände zu merken, mache ich eigentlich nicht", antwortete sie auf die Frage einer Schülerin. Im häuslichen Bereich ist Frau Scherupp für Haushaltsgeräte mit Schaltern und Knöpfen dankbar. Bedienfelder mit Touch-Screen-Oberfläche und elektronische Anzeigen empfindet sie hingegen als problematisch.
Foto: Heidi Bamberger/Caritas
Schreiben in Braille-Schrift gezeigt
Von vielen negativen Erfahrungen konnte die sehbehinderte Frau zum Glück nicht berichten: weder in der gesellschaftlichen Haltung ihr gegenüber noch in der Begegnung mit einzelnen Personen. "Wenn mich jemand betrogen hat, habe ich es nicht gemerkt". Um ihre Schilderungen anschaulich zu machen, zeigte Frau Scherupp allen Anwesenden das Schreiben in Braille-Schrift. Zudem stellte sie verschiedene Hilfsmittel vor, zum Beispiel einen elektronischen Farb-Erkenner, und erklärte hilfreiche Apps ihres Smartphones.
Von Birgit Fehn erfuhren die Schülerinnen ganz unterschiedliche Details aus der Welt gehörloser Menschen. So können Menschen mit einer Hörbehinderung beispielsweise nicht einfach schnell zum Hörer greifen können, um bei einem Arzt oder einer Behörde anzurufen. Texte in Leichter Sprache werden von hörgeschädigten Menschen besser verstanden als ein normaler Fließtext. Gerade in jüngster Vergangenheit war die Kommunikation mit Maske sehr schwierig, da zum Gebärden auch die Mimik gehört. Außerdem weist die Gebärdensprache auch eine andere, deutlich kürzere Grammatik auf. Man spricht sich untereinander in der Regel nur mit dem Vornamen an. Bei ihren Schilderungen in Gebärdensprache wurde Birgit Fehn von ihrer Kollegin Regine Schindler unterstützt. Beide Frauen sind in der Informations- und Servicestelle für Menschen mit Hörbehinderung in Ingolstadt tätig.
Barrierefreier Stadtführer in Arbeit
Die Schülerinnen versuchen nun, das Gehörte bei der weiteren Arbeit zu berücksichtigen. Bisher sind verschiedene Eichstätter Sehenswürdigkeiten erfasst und in Leichte Sprache übersetzt. Jetzt stehen noch Übernachtungsmöglichkeiten, Gastronomie, Freizeiteinrichtungen, Wandermöglichkeiten oder Mobilität auf der Rechercheliste für den Stadtführer. Im Juli nächsten Jahres soll dieser fertig sein. Begleitet wird das Projekt von den Fachkräften der Offenen Behindertenarbeit der Caritas-Sozialstation Eichstätt, Katrin Wintergerst, und im Caritas-Zentrum St. Vinzenz Ingolstadt, Heidi Bamberger. Die betreuende Lehrkraft Nicole Christoph leitet die Schülerinnen bei der praktischen Arbeit an.