Die Resonanz von Menschen mit und ohne Behinderung war selbst für die Organisatoren überwältigend: Kaum ein Platz ist am Freitagabend in der Ehemaligen Johanniskirche in Eichstätt bei der Vernissage der Ausstellung „Natürlich anders“ freigeblieben. „Hier können wir sehen: Alle können teilhaben am Leben der Gesellschaft, alle können sich erfreuen an der Kunst“, begrüßte denn auch sichtlich erfreut Katrin Wintergerst von der Offenen Behindertenarbeit (OBA) der Caritas-Sozialstation Eichstätt die zahlreichen Gäste. Die OBA dieser Station und des Bayerischen Roten Kreuzes in Eichstätt sowie des Caritas-Zentrums St. Vinzenz Ingolstadt haben die Ausstellung organisiert, die noch bis zum 27. März täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr zu sehen ist.
Zahlreiche Interessierte kamen zur Vernissage der Ausstellung „Natürlich anders“ in der Johanniskirche. Fotos: Caritas/Esser
„Mehr als bloße Integration“
Darin setzen sich rund ein Dutzend Eichstätter Künstler und Organisationen mit dem Begriff „Inklusion“ auseinander und präsentieren ihre Sichtweisen zu einem selbstverständlichen Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. „Inklusion ist mehr als bloße Integration“, stellte denn auch der Eichstätter Oberbürgermeister Andreas Steppberger in seinem Grußwort klar. Leitgedanke der UN-Behindertenrechtskonvention – welche die Eichstätter Künstlerin Doris Henle in der Ausstellung übrigens durch eine Schriftrolle mit mehreren Artikeln dieser Übereinkunft darstellt – sei vielmehr eine gleichberechtigte Teilhabe. Steppberger wandte ich gegen das vielfach vorgebrachte Argument von Zweiflern, dass vieles nicht finanzierbar sei. „Wenn man direkt barrierefrei baut, muss man später nicht umbauen“, warb er dafür, die Herausforderung Inklusion nicht kurzsichtig zu behandeln. Der Eichstätter Landrat Anton Knapp meinte, dass es sich bei Inklusion sicherlich um eine „weite Wegstrecke“ handele. „Doch ein gutes Stück der Wegstrecke ist auch schon zurückgelegt. Das macht diese Ausstellung deutlich.“
„Natürlich anders“ ist Teil einer Ausstellungreihe „Kunst und Inklusion“, die der Arbeitskreis OBA der Region 10 – also der Landkreise Eichstätt, Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen sowie der Stadt Ingolstadt – bereits seit Oktober 2016 durchführt. In mehreren Präsentationen wollen und sollen Menschen mit und ohne Behinderung ganz normal zusammenarbeiten. So möchten sie möglichst viele Facetten der Anliegens Inklusion darstellen. „Die gesamte Aktion soll allen Teilnehmern – Künstlern, Schülern, Besuchern, Menschen mit und ohne Behinderung – aufzeigen, dass Inklusion auch gelebte Normalität sein kann“, erklärte Heidi Bamberger vom Caritas-Zentrum St. Vinzenz.
An die Nase gefasst
Beispiele für eine solche normale Zusammenarbeit zeigen in der Johanniskirche verschiedene Eichstätter Schulen. Schüler des Gabrieli-Gymnasiums haben etwa gemeinsam mit der Schule zur Erziehungshilfe des Caritas-Kinderdorfes Marienstein in gemeinsamen Kunstunterrichtstunden Bilder zum Thema „Wald“ mit Acryl- und Wasserfarben durch eine Abklatschtechnik erstellt. Die entstandenen Vorlagen wurden dann anonym unter den Schulen ausgetauscht. So wird in der Ausstellung in der Johanniskirche eine schulsystemübergreifende Darstellung sichtbar. In der Knabenrealschule Rebdorf erstellten neun Schüler ein Puzzle mit neun Teilen und dem Titel „An die Nase gefasst“. Damit wollen die Schüler den Betrachter zum Nachdenken über die eigene Einstellung zu Inklusion bringen. Nach Mitteilung des verantwortlichen Kunstlehrers Raphael Graf hat an dem Projekt auch ein Kind mit Behinderung mitgewirkt. Dies kommt in dem Puzzle dadurch zum Ausdruck, dass ein Teil in der Mitte rot ist, während alle anderen Teile blau sind. Der Betrachter kann daraus den Grundgedanken erschließen, dass eine Gesellschaft ohne Menschen mit Behinderung nicht vollständig ist.
Mit einem Puzzle „An die Nase gefasst“ wollen Schüler der Knabenrealschule Rebdorf die Betrachter zum Nachdenken bringen.
Dass Inklusion aber über das selbstverständliche Einbeziehen von Menschen mit Behinderung hinausgeht, zeigen in der Ausstellung Präsentationen des Eichstätter Klinikums sowie des Künstlers Hubert P. Klotzeck. Das Klinikum stellt an verschiedenen Bildtafeln und Gegenständen Lebensläufe, Vorlieben und gegenwärtige Befindlichkeiten von alten Menschen unter dem Titel „Heimat“ dar. Hubert P. Klotzeck interviewte 111 Personen für eine Fotoreportage mit 72 Porträts. Darunter finden sich auch solche von Flüchtlingen. „Kunst schafft Verständigung“, brachte der Eichstätter Künstler seine Freude über das große Interesse an der Ausstellung zum Ausdruck.
Von Aktion Mensch gefördert
Musikalisch wurde diese von der Veeh-Harfen-Gruppe TROTZDEM des Caritas-Zentrums St. Vinzenz und am Klavier durch Franziska Kehr – Tochter der Mitorganisatorin Elisabeth Kehr von der OBA des Bayerischen Roten Kreuzes – umrahmt. Das Gesamtprojekt der Ausstellung „Kunst und Inklusion“ wird mit 5.000 Euro von der Sozialorganisation Aktion Mensch gefördert. Damit werden fast alle Kosten für Verpflegung, Verbrauchsmaterialien, Raummieten und Honorare gedeckt.
Die Veeh-Harfen-Gruppe TROTZDEM des Caritas-Zentrums St. Vinzenz Ingolstadt umrahmte die Veranstaltung musikalisch.