Wie gelingt Trauer? Wie kann Trauernden geholfen werden? Welche Bedeutung kommt dem christlichen Glauben dabei zu? Um solche Fragen geht es im Lehrbuch "Trauerpsychologie" von PD Dr. Thomas Schnelzer, das jetzt in der vierten Auflage des Fachverlages des deutschen Bestattungsgewerbes erschienen ist. Der Psychologische Psychotherapeut lehrt als Privatdozent für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und ist Leiter der Psychologischen Beratungsstelle der Caritas für Eltern, Kinder und Jugendliche in Neumarkt/Oberpfalz.
Wesentliche Gesichtspunkte dargestellt
In seinem Buch führt er in die wesentlichen Gesichtspunkte von Trauer, Trauerphasen und Trauergespräch ein. Es ist für den Laien verständlich geschrieben, setzt kein psychologisches Vorwissen voraus und kann damit Trauerbegleitern wie Bestattern, Seelsorgern, aber auch Angehörigen von Verstorbenen eine konkrete Hilfe bei der Trauerbewältigung sein. Ausführlich widmet sich Schnelzer auch besonders schwierigen Trauersituationen wie der Trauer von Eltern nach dem Tod eines Kindes oder dem Umgang mit dem Suizid eines nahestehenden Menschen. Zudem gibt der Autor praktische Empfehlungen zu Einzel- und Gruppengesprächen mit Trauernden. Und er beschreibt, wie Trauerbegleiter Stress und Burnout durch hilfreiche Gespräche, Entspannungsverfahren und - sofern vorhanden - spirituell-religiöse Überzeugungen bewältigen können. Durch sie erhalten dem Theologen und Psychologen zufolge Menschen "seelische Kraft und die Fähigkeit, anderen im schweren Leid zu helfen, ohne niedergedrückt zu werden".
Neue geistige Beziehung zum Verstorbenen
Schnelzer stellt ist seinem Buch klar, dass Trauer keine Krankheit ist, sondern einem seelischen Heilungsprozess gleichkommt. Die vierte Auflage des Buches stellt noch stärker als die vorherige das Ziel gelungener Trauerarbeit dar. Bei dieser geht es aus Sicht des christlichen Autors nicht nur um die Loslösung vom Verstorbenen, sondern auch um den "Neuaufbau einer geistigen Beziehung zu ihm, die eine bleibende Verbundenheit über den Tod hinaus gewährleistet". Es soll ermöglicht werden, "an den Verstorbenen nicht mehr nur mit Wehmut, sondern auch mit Freude und Dankbarkeit zu denken". Dem Trauermodell Schnelzers liegt der Glaube an ein Leben nach dem Tod und die Möglichkeit, auf dieser Grundlage die Beziehung zum Verstorbenen fortzusetzen, zugrunde. "Christen erinnern sich an die Toten, aber nicht, damit sie leben, sondern weil sie leben", schreibt der Autor. Dass der religiöse Glaube rein psychologisch eine Hilfe im Trauerprozess darstellt, haben Schnelzer zufolge wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt. "Eine religiöse Einstellung erweist sich damit als Ressource zur Bewältigung von Verlustkrisen."
In diesem Zusammenhang stellt der Autor ein aus seiner Sicht sinnvolles Gespräch einer Mutter mit ihren Kindern dar, die um ihre verstorbene Oma trauern. Auf den Hinweis eines Kindes, dass dieses sich traurig fühlt, antwortet die Mutter: "Mir geht es auch so. Ich vermisse sie genauso wie du. Und deshalb ist es auch ganz in Ordnung, wenn wir weinen. Wir können Oma nicht mehr sehen, nicht mehr berühren und nicht mehr umarmen. Aber ich glaube fest daran, dass sie jetzt bei Gott ist. Deshalb ist es gut, an Oma zu denken und von ihr zu reden." Durch die Trauer, so die Mutter, bleibe man mit der Oma in Kontakt "und irgendwann sind wir nicht mehr nur traurig, wenn wir an Oma denken, sondern auch froh und dankbar". Diese Mutter nimmt nach Auffassung des Autors die Gefühle der Kinder auf und ernst und bietet ihnen sowohl emotional als auch, was eine sinnvolle Deutung des Todes anbelangt, eine tröstliche Perspektive für die Zukunft.
Für Seminare und Selbststudium
Das Lehrbuch ist als Begleitlektüre für Seminare in Trauerpsychologie ebenso wie zum Selbststudium gedacht. Am Ende jedes Kapitels können die Leserinnen und Leser das Gelesene nochmals anhand von Prüffragen reflektieren. Insofern kann das Buch jeden Menschen, der einmal trauern muss, inspirieren - zumal es klar und lebendig geschrieben ist und den komplexen Stoff in eine sinnvolle und nachvollziehbare Ordnung bringt.