Schon seit einigen Jahren arbeite ich als Lehrerin in Integrationskursen. In der letzten Zeit sind, wie jeder weiß, zunehmend Flüchtlinge in diesen Kursen. Da ist man manchmal die "Mutter der Kompanie". Vielleicht sollte man einen professionellen Abstand wahren zu den Sorgen und Nöten der Kursteilnehmer. Aber was macht man, wenn eine Kursteilnehmerin vor einem steht, in Tränen ausbricht und berichtet, dass sie und ihr Mann von einer normalen Unterkunft in eine Erstunterkunft, sprich Fabrikhalle, zurückverfrachtet wurden? Aus Gründen, die sie nicht selbst zu verantworten hatten. Man versucht zu helfen. Und gerät dabei irgendwann an seine persönlichen Grenzen. Der nächste Fall ließ nicht lange auf sich warten. Ein Hilferuf eines ehemaligen syrischen KT erreichte mich. Familiennachzug. Sie wohnen zu fünft auf 9(!) qm. Kommentar meines Mannes: Das geht doch gar nicht! Nun, die Eltern im Einzelbett, die Kinder auf Matratzen davor. Ein unhaltbarer Zustand. Eigentlich hatte ich gerade erst den Wohnungssuchemarathon mit dem jungen Ehepaar hinter mir. Es war mir eigentlich schon zu viel geworden. Ganz bestimmt litt ich an einem Helfersyndrom. Aber irgendwie steckte ich jetzt da drin. Was sollte ich tun? Es war Herbst, den Winter über die fünf Personen in dem winzigen Raum? Auch hier gestaltete sich die Wohnungssuche natürlich als äußerst schwierig. Irgendwann bekam ich einen Anruf aus dem Pfarrbüro. Die Caritassammlung. Das auch noch. Aber da konnte ich wenigstens den Hund mitnehmen. Meine Nachbarin brachte mir die Unterlagen vorbei. Irgendwie kamen wir im Gespräch darauf, dass wir doch einmal unsere Sammelgebiete tauschen könnten. Sie meinte, da wäre ich schneller durch, die Leute seien dort nicht alle so gebefreudig. Tatsächlich war es so. Aber manchmal bin ich hartnäckig. Der jungen Frau an der Türe erklärte ich ausgiebig, wofür die Caritas steht, was die Aufgaben der Caritas sind, dass die Caritas hierbei keinen Unterschied mache bezüglich Religions- oder Staatsangehörigkeit. Das ließ sie aufhorchen. "Ach wissen Sie, mir hat kaum jemand geholfen, als ich hier in Deutschland ankam…eigentlich würde ich viel lieber Flüchtlingen bei der Wohnungssuche helfen!" Ob sie gesehen oder gehört hat, wie ein großer Stein zu Boden fiel? Natürlich hatte ich mir zu viel zugemutet, hatte gedacht, ich müsste alles im Alleingang bewältigen. Ziemlich blöd, das alles, selber schuld und unprofessionell! Aber hier war jemand, der mir eine Last abnehmen wollte, eine Last, die schon arg zu drücken begann. Aber wenigstens konnte ich e i n e n Rucksack abgeben. Dem Himmel sei Dank. Für mich hatte sich der Tausch der Sammelgebiete wahrlich als Glücksfall herausgestellt. Er brachte Erleichterung in einer Zeit großer Anspannung und Erschöpfung. Ich war sehr dankbar für diese glückliche Fügung! Ich sammle immer noch in diesem Gebiet und freue mich über jeden Euro, der Notleidenden zugute kommt und jede nette Begegnung. Sammlerin- Mein Caritas-Moment
Eines Tages kam ein ungefähr 50-jähriger Mann zu mir in die Beratungsstelle. Er war verheiratet und hatte eine feste Arbeit. Es stellte sich heraus, dass er fast vollständig den Überblick über seine finanziellen Verhältnisse verloren hatte. Die Wohnung war wegen Mietschulden bereits gekündigt, die Zwangsräumung stand bevor. Außerdem hatte er auch noch bei mehreren anderen Gläubigern Schulden. Er war sehr verzweifelt und suchte bei der Schuldnerberatung Hilfe und Unterstützung. Nachdem ich einen Überblick über seine finanzielle und soziale Situation gewonnen hatte, fing die Arbeit an. Zunächst wurden eine leistbare Rate mit dem Anwalt des Vermieters vereinbart und die anderen Gläubiger wegen einer akutellen Forderungsaufstellung angeschrieben. Auch ein Haushaltsplan wurde gemacht. Zum Schluss der etwa sechsmonatigen Beratung konnte er sein Mietverhältnis sichern und angemessene Zahlungen vereinbaren. Die größte Last war damit von seinen Schultern genommen. Eines Tages sagte er zu mir: "Sie haben mir den Weg gewiesen, ich hatte ihn verloren. Alles ging kreuz und quer und jetzt kann ich wieder besser schlafen." Das war auch für mich eine große Freude und zeigte mir, dass unsere Beratungsarbeit erfolgreich sein kann - zum Wohle der Menschen. Vieles ist in dieser Beratung möglich geworden, weil dieser Mann guten Willen hatte, mitgearbeitet und mir vertraut hat. Das gibt wieder Auftrieb für andere Beratungen. Nicht immer gelingt der große Durchbruch wie in diesem Fall, aber oft sind es auch kleine Veränderungen, die Menschen weiterhelfen. Caritasmitarbeiter (54)- Mein Caritas-Moment
Mit einem 3-jährigen, stark entwicklungsverzögerten Jungen in meiner Gruppe spiele ich immer unser ganz besonderes Spiel: "Was ist in der Mandarine?" Er gibt mir seine Mandarine, schaut mich mit großen Augen an und grinst total euphorisch. Ich schüttle die Mandarine wie ein Überraschungs-Ei - nichts zu hören, aber die Spannung steigt für den Jungen ins Unermessliche. Dann mache ich ein Stück der Schale ab. Der Junge und ich blicken gemeinsam ins Innere und sagen total begeistert: "Wow!!!". Und dann sage ich: "Wow! Hast du ein Glück! Da ist eine ganze Mandarine für dich drin! Keine halbe, keine viertelte - Nein! Eine GANZE!" Und glücklich lacht mich der Junge an :-). Mitarbeiterin (26 Jahre)- Mein Caritas-Moment
Es ist 15.00 Uhr und ich wollte in diesen Tagen für die Caritas sammeln. Soll ich noch einen Kaffee trinken bevor ich das Haus verlasse oder besser einen Schnaps zur Motivation? Das Gefühl, das mich beherrscht, ist nicht gerade erfolgsversprechend. Wo fange ich an? Am besten bei der Familie, die als guter Geber bekannt ist. Also, frisch gestylt verlasse ich mein Haus. In der Straße wohnt eine gute Bekannte. Beim Öffnen der Tür kommt mir schon ein Kaffeegeruch entgegen. "Schön, dass du gerade recht zum Kaffeetrinken kommst". Natürlich setze ich mich und nehme mir Zeit für einen kurzen Ratsch. Aber ich muss weiter. Ich gehe durch die Straßen und läute an den Haustüren. Immer werde ich freundlich begrüßt und alle geben mir einen Betrag und schreiben diesen in die Liste. Um die Ecke komme ich zu einer Familie, die auch am Kaffeetisch sitzt. "Na setz dich gleich her, trinke mit mir Kaffee". Nur nicht zögern denke ich; zwei Tassen machen mir nichts aus und außerdem wollte ich ihre Gemütlichkeit nicht rauben. Nach einiger Zeit verabschiede ich mich und gehe meine Runden. Einen jungen Ortsansässigen, der mit seiner Familie neu in unsere Siedlung gezogen ist, bitte ich um eine Spende für die Caritas. "Selbstverständlich", meint er und gibt mir ein paar Euro-Münzen. Als ich ihn bitte, seine Spende in die Liste einzutragen, zuckt er zusammen. "Oje, jetzt weiß ich, was ich das nächste Mal geben muss", sagt er. In meiner Siedlung bekomme ich nämlich häufig nur Scheine. "Paßt scho und Vergelt’s Gott", war meine Antwort und er lachte. Die Zeit verging und die Turmuhr schlug 18:00 Uhr. Das nächste Haus mache ich noch und dann ist für heute Schluss. Ich läute und der Mann kam heraus. "Bist grad richtig zur Brotzeit, komm setzt dich her". Ich wagte nicht, es abzulehnen, da er und seine Frau krank waren und vielleicht eine Unterhaltung wünschten. Wir lachten und aßen und ich ging mit gefülltem Geldbeutel und Magen nach Hause - irgendwie glücklich. Sammlerin (72 Jahre) seit 10 Jahren Caritas-Sammlerin- Mein Caritas-Moment