Seit dem Tode meiner Frau sammle ich an ihrer Stelle. "Ich bin der Mann der blonden Frau mit dem weißen Rad", stellte ich mich bei der Frühjahrsaktion vor. Im Herbst konnte ich bereits davon profitieren. Ich erhielt viel Anerkennung für meine Frau, die seit zwanzig Jahren bei jedem Wetter und trotz beruflicher Belastung unermüdlich sammelte. Stolz bin ich, dass ich ihr Ergebnis leicht übertreffen konnte. Sie hatte in dieser Zeit viel erlebt. Einmal fragte ein Kind seine Mutter: "Ist diese Frau arm, muss sie sammeln, dass ihre Kinder etwas zum Essen haben?" Ich selbst habe ihre Erfahrungen weiterentwickelt. Läute ich an einer Haustüre, warte ich in gebührendem Abstand zur Eingangstüre die Zeit eines Vaterunsers ab, ob geöffnet wird. Wenn nicht, läute ich ein zweites Mal und habe oftmals Erfolg, jemanden anzutreffen. Bewusst habe ich ein Trachtensakko an und eine Aktentasche in der Hand, auf der ich die Information zur Sammlung halte, da ich weiß, dass ich beobachtet werde. Dadurch grenze ich mich von Personen ab, die ein Geschäft abschließen wollen. Im Gespräch erkläre ich das Logo, das Flammenkreuz und die Tätigkeit der Caritas. Sind Kinder mit dabei, erwähne ich die Beratungsangebote für sie. Ansonsten weise ich auf die Hilfe durch die Caritas im Krankenfall hin und erwähne, dass ich auch Verständnis habe, wenn jemand nicht spenden will und frage, ob ich beim nächsten Male wieder läuten dürfe. An einer Haustüre stellte sich im Gespräch mit einer älteren Dame heraus, dass sich die Zierleiste an ihrem Auto gelöst hatte. Ich bot mich an, ihr zu helfen, was auch gelang und sie verdoppelte ihre Spende. In einem anderen Fall bewunderte ich Pflanzen im Garten und erhielt im Herbst zwei Blumenstöcke für meinen Garten. Sammler seit 2017- Mein Caritas-Moment
Es war noch zu Zivis Zeiten. Wir hatten eine Frau B. Sie wollte in ihrer Demenz immer zum Bahnhof Doos in Nürnberg. Eines Tages stellte unser Zivi einen Stuhl auf den Balkon. Er hatte eine Kassette vorbereitet mit Zuggeräuschen und Signalen. Auf dem Balkon ließ er sie laut ablaufen. Dann nahm er Frau B. aus dem Bett, trug sie mit beiden Händen auf den Balkon. Er hatte viel Kraft und setzte Frau B. auf den Stuhl. Es erklang die Durchsage "Bahnhof Doos". Frau B. war überglücklich und wir auch. Mitarbeiterin (63 Jahre)- Mein Caritas-Moment
Schon seit einigen Jahren arbeite ich als Lehrerin in Integrationskursen. In der letzten Zeit sind, wie jeder weiß, zunehmend Flüchtlinge in diesen Kursen. Da ist man manchmal die "Mutter der Kompanie". Vielleicht sollte man einen professionellen Abstand wahren zu den Sorgen und Nöten der Kursteilnehmer. Aber was macht man, wenn eine Kursteilnehmerin vor einem steht, in Tränen ausbricht und berichtet, dass sie und ihr Mann von einer normalen Unterkunft in eine Erstunterkunft, sprich Fabrikhalle, zurückverfrachtet wurden? Aus Gründen, die sie nicht selbst zu verantworten hatten. Man versucht zu helfen. Und gerät dabei irgendwann an seine persönlichen Grenzen. Der nächste Fall ließ nicht lange auf sich warten. Ein Hilferuf eines ehemaligen syrischen KT erreichte mich. Familiennachzug. Sie wohnen zu fünft auf 9(!) qm. Kommentar meines Mannes: Das geht doch gar nicht! Nun, die Eltern im Einzelbett, die Kinder auf Matratzen davor. Ein unhaltbarer Zustand. Eigentlich hatte ich gerade erst den Wohnungssuchemarathon mit dem jungen Ehepaar hinter mir. Es war mir eigentlich schon zu viel geworden. Ganz bestimmt litt ich an einem Helfersyndrom. Aber irgendwie steckte ich jetzt da drin. Was sollte ich tun? Es war Herbst, den Winter über die fünf Personen in dem winzigen Raum? Auch hier gestaltete sich die Wohnungssuche natürlich als äußerst schwierig. Irgendwann bekam ich einen Anruf aus dem Pfarrbüro. Die Caritassammlung. Das auch noch. Aber da konnte ich wenigstens den Hund mitnehmen. Meine Nachbarin brachte mir die Unterlagen vorbei. Irgendwie kamen wir im Gespräch darauf, dass wir doch einmal unsere Sammelgebiete tauschen könnten. Sie meinte, da wäre ich schneller durch, die Leute seien dort nicht alle so gebefreudig. Tatsächlich war es so. Aber manchmal bin ich hartnäckig. Der jungen Frau an der Türe erklärte ich ausgiebig, wofür die Caritas steht, was die Aufgaben der Caritas sind, dass die Caritas hierbei keinen Unterschied mache bezüglich Religions- oder Staatsangehörigkeit. Das ließ sie aufhorchen. "Ach wissen Sie, mir hat kaum jemand geholfen, als ich hier in Deutschland ankam…eigentlich würde ich viel lieber Flüchtlingen bei der Wohnungssuche helfen!" Ob sie gesehen oder gehört hat, wie ein großer Stein zu Boden fiel? Natürlich hatte ich mir zu viel zugemutet, hatte gedacht, ich müsste alles im Alleingang bewältigen. Ziemlich blöd, das alles, selber schuld und unprofessionell! Aber hier war jemand, der mir eine Last abnehmen wollte, eine Last, die schon arg zu drücken begann. Aber wenigstens konnte ich e i n e n Rucksack abgeben. Dem Himmel sei Dank. Für mich hatte sich der Tausch der Sammelgebiete wahrlich als Glücksfall herausgestellt. Er brachte Erleichterung in einer Zeit großer Anspannung und Erschöpfung. Ich war sehr dankbar für diese glückliche Fügung! Ich sammle immer noch in diesem Gebiet und freue mich über jeden Euro, der Notleidenden zugute kommt und jede nette Begegnung. Sammlerin- Mein Caritas-Moment
Die Caritas hilft Menschen, aber manchmal kommen auch die Tiere nicht zu kurz. Bei einem meiner Einsätze als Haushaltshilfe wärmte ich ein Schäuferle für meinen Patienten, einen älteren Herrn, auf. Es stand auf dem Herd und begann gerade zu köcheln. Als ich kurz den Raum verließ und wieder zurückkam, um nach dem Stück Fleisch zu sehen, oh Schreck - da war es weg. Doch dann hörte ich ein genüssliches Schmatzen unter dem Küchentisch. Der freche Stubentiger hatte sich in meiner Abwesenheit das Fleisch aus dem Topf geholt und hatte begonnen, es unter dem Tisch zu verzehren. Mein Patient hatte das bis dahin noch gar nicht mitbekommen. Doch jetzt sprang er auf (so schnell es eben ging) und jagte (begleitet von wüsten Beschimpfungen, die ich hier besser nicht beschreibe) die Katze davon. Ich wollte das ganze Stück der Katze geben, doch Herr W. protestierte vehement. Auf seinen "Befehl" musste ich das Teil abwaschen und wieder in den Kochtopf legen, aber diesmal mit Deckel. Vorher hatte ich noch das angenagte Stück großzügig weggeschnitten und der Katze, die immer noch vorsichtig in der Ecke saß, gegeben. Nach einigem Zögern begann sie zu fressen, und da konnte Herr W. wieder lachen. Mitarbeiterin (60 Jahre)- Mein Caritas-Moment