Es gibt bei mir keine großen Geschichten. Die meisten Leute kommen, und Spenden gerne. Mit den Familien ist es schwieriger. Eines muß ich in den letzten Jahren feststellen. Die Reichen geben nicht mehr, als die Armen. Sammlerin (82 Jahre)
Es war noch zu Zivis Zeiten. Wir hatten eine Frau B. Sie wollte in ihrer Demenz immer zum Bahnhof Doos in Nürnberg. Eines Tages stellte unser Zivi einen Stuhl auf den Balkon. Er hatte eine Kassette vorbereitet mit Zuggeräuschen und Signalen. Auf dem Balkon ließ er sie laut ablaufen. Dann nahm er Frau B. aus dem Bett, trug sie mit beiden Händen auf den Balkon. Er hatte viel Kraft und setzte Frau B. auf den Stuhl. Es erklang die Durchsage "Bahnhof Doos". Frau B. war überglücklich und wir auch. Mitarbeiterin (63 Jahre)
Es ist wieder so weit - jetzt beginnt für mich wieder die Caritas-Sammlung! In meinem Sammelbezirk sind viele liebe Menschen, die mich freudig erwarten mit Bargeld für die Caritas und einem kleinen Schwätzchen über Gesundheit oder Feiern usw. Es gibt aber auch Menschen, da klingele ich einmal, zweimal ... da bewegt sich was hinter der Gardine und dann muss ich enttäuscht weiterziehen. Am zweiten Sammeltag ereilt mich die Bitte aus dem Pfarrbüro, ob ich wohl zwei nette Herren beim Sammeln mitnehmen könnte zwecks Bericht im Regionalfernsehen: einer mit Kamera, der andere mit Mikrofon! Wir ziehen also los, der erste liebe Mensch öffnet seine Haustür, ich möchte mein Sprüchlein sagen, da kommt der Mann mit dem Mikrofon - und die Tür geht wieder zu …. Beim nächsten Haushalt geht es etwas besser. Die freundliche Frau ist auch bereit, uns zu erzählen, wem und warum sie spendet. Danke! Als ich sie zwei Tage später wieder treffe, bittet sie mich, beim nächsten Mal doch wieder alleine zu kommen! Zwei Straßen weiter möchte mein Dream-Team nochmals ein kurzes Interview starten: Also klingeln, an das Sprüchlein denken - da öffnet uns ein sehr freundlicher Herr im Sportdress. Wir kennen uns. Daher ruft er auch sogleich seine liebe Gattin, die das Geld verwaltet. Dazu gibt es auch noch ein ausführliches Interview. Vielen Dank! Die beiden Herrn verabschieden sich freundlich und hoffentlich zufrieden. Ein kräftiges Händeschütteln - dann kann ich meine Sammeltour wieder ganz alleine fortsetzen. Sammlerin (70 Jahre)
Heute kommt er allein, dachte ich, als Isni, ein junger Mann, 17 Jahre alt, zu mir in die Beratung kam. Nicht wie üblich mit dem Vater und der Stiefmutter. Seit Jahren waren mir die drei und ihre Probleme wie Unfallrente, Aufenthaltserlaubnis, Kindergeld oder Wohnung bestens bekannt. Isni fing an zu erzählen. Sein Vater hatte ihn in die Heimat nach Kosovo geschickt, um nach den kleineren Geschwistern zu sehen, die dort in einem kleinen Dorf lebten, weil sie keine Mutter mehr hatten. Heute war er nach Ingolstadt zurückgekommen, hatte aber in der Wohnung niemand mehr angetroffen. In der Zeit seiner Abwesenheit war der Vater mit der Stiefmutter umgezogen. Was nun, dachte ich … Ob er Geld hätte, fragte ich ihn. Er hatte natürlich keines. Ich holte mein Geldbeutel und gab ihm 50,-- DM, mein letztes Geld, wollte eigentlich nach der Arbeit einkaufen gehen, aber der Junge hat es nötiger gebraucht. Er musste ja was essen. Als ich ihn fragte, ob er jemand kennt, wo er schlafen könnte, sagte er, dass im Nebengebäude die Wohnungen renoviert werden und er dort übernachten würde. Was weiter? Mir kam die Idee, dass er auf der Baustelle arbeiten könnte und fragte ihn, ob er das möchte. Natürlich wollte er. Also verabredeten wir uns am Abend in einem kleinen Lokal, wo wir alles besprechen würden. Dann wird man weiter sehen. Er ging mit auf die Baustelle. Am Morgen wurde er abgeholt, bekam Arbeitskleidung, Brotzeit, arbeitete brav und bekam abends seinen Lohn, einige Tage. Dann war Isni weg - verschwunden. Es war Heilig Abend, einige Jahre später, wir machten uns auf den Weg zur Christmette, da läutete das Telefon. Isni meldete sich aus der Schweiz, er wollte mir sagen, dass es ihm gut geht, bedankte sich nochmals bei mir und wünschte ein frohes Fest. Ich habe mich sehr gefreut und war erleichtert. Viele Jahre später klopfte es an meiner Bürotür, es war schon nach der Sprechzeit. Ich öffnete und vor mir stand ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern. Der Mann hat schon sein Haupthaar verloren, die Frau sehr sympathisch und süße zwei kleine Buben. Ich fragte, ob ich helfen könnte. Da fragte der Mann, ob ich ihn nicht mehr kennen würde. Als ich ihn genauer betrachtete, in seine schönen dunklen Augen schaute, da kam es mir. "Du bist Isni", sagte ich. Ja, er war es. Er kam vorbei, um mir seine Familie vorzustellen, er würde wieder im Land sein und es ginge ihm gut. Mitarbeiterin (65 Jahre)