Chronik 1920er
1920
In der harten Nachkriegszeit ringen viele Familien und caritative Anstalten um ihre Existenz. Der Caritasverband unterstützt sie mit Spenden des HI. Vaters, verteilt Liebesgaben aus Amerika und führt zum ersten Mal eine allgemeine Lebensmittelsammlung zugunsten Armer und Bedürftiger durch.
Ferner werden 443 unterernährte Großstadtkinder, davon viele aus Wien und Salzburg, für mehrere Wochen auf dem Lande untergebracht. Dies besorgt vor allem der katholische Jugendfürsorgeverein Eichstätt. Sein Anliegen es ist, gefährdeten Jugendlichen eine angemessene Pflege und christliche Erziehung zu sichern. Er umfaßt 70 Ortsgruppen mit über 700 Mitgliedern. Da die Fürsorge ausschließlich ehrenamtlich geleistet wird und keine eigenen Heime und Anstalten geführt werden, fristet der Verein nach kurzer Blüte um das Jahr 1920 bereits kurze Zeit später wieder ein bescheidenes Dasein.
1921
Im dritten Geschäftsjahr des Diözesancaritasverbandes gibt es im Bistum bereits 50 Stationen für ambulante Krankenpflege. Für ihre Vereine werden eigene Satzungen erlassen. Der Verband zählt 34 korporative und 93 persönliche Mitglieder. In Ingolstadt und Eichstätt veranstaltet man einen mehrwöchigen Kurs "zur Belebung des Caritasgeistes und Befruchtung praktischer Caritasarbeit". Die bayerischen Bischöfe beschließen, die bayerischen Caritasverbände an den Deutschen Caritasverband anzuschließen.
1922
In den Pfarreien gibt es mittlerweile 53 Caritasausschüsse. 24 Orte haben eine Kinderbewahranstalt. Ferner zählt man 9 Waisenhäuser und Erziehungsanstalten sowie 4 Behinderteneinrichtungen. Es taucht der Gedanke eines "Caritasmissionärs" auf; er soll Caritassonntage, Caritaspredigten und -vorträge abhalten. ,,Wir müssen unbedingt in der gegenwärtigen Not, wo man heute nicht weiß, ob man morgen noch zu essen und zu leben hat, die Caritas zur Volkssache machen" (Präsident Werthmann, Freiburg, im Brief vom 22.8.1922 an Domkapitular Vogt, Eichstätt).
1923
Die dramatische Geldentwertung stürzt viele Menschen, besonders Klein- und Sozialrentner, in große Armut. Doch "mit der Not wuchs auch der Helferwille erstaunlich" (Jahresbericht 1923). Die bei weitem nachhaltigste Hilfe war in diesem Jahr - trotz teilweiser Missernte - die Lebensmittelsammlung. Es wurden Naturalien im Wert von über 29.000 Goldmark gespendet. Im Einzelnen waren dies: 3.167 Ztr. Kartoffeln, 2.441 Ztr. Brotgetreide, 364 Ztr. Kraut, 176 Pfund Fett, 1.154 Stück Eier, 42 Ster Holz, 10 Pfund Honig und verschiedene Kolonialwaren; dazu kamen 34 Millionen Mark Bargeld.
1924
Nach Eintritt der Währungsstabilität bekommen die Geldspenden wieder größere Bedeutung. Die Hilfsquellen aus dem Ausland sowie Unterstützungen durch Reich und Länder scheinen jedoch ganz zu versiegen. Um trotz bleibender Not die verschiedenen Hilfen aufrechterhalten zu können, erhofft man sich aus dem Inland durch Mitgliederwerbung eine ständige und sichere finanzielle Basis. Die Zahl der Caritasausschüsse steigt auf 90 an. Am 29. August stirbt Pfarrer Dr. Joseph Seitz aus Wachenzell, der eigentliche Begründer des Caritasverbandes. Er war auf dem Heimweg von Exerzitien und brach nachmittags um drei Uhr auf der Lüftenstraße bei Eichstätt tot zusammen.
1925
An 13 Orten des Bistums befinden sich - vor allem in Klöstern und Anstalten - 29 Einrichtungen für Volksspeisung. Sie geben täglich rund 670 Essensportionen aus. Im Februar wird der 1. Vorsitzende Karl Vogt zum Generalv,ikar ernannt. Am 29. April 1925 stirbt er an einer verschleppten Lungenentzündung.