Letzte Ansprache von Lorenz Werthmann
"Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar für alle Ihre Mitarbeit im Caritasverbande. In den 25 Jahren, in denen ich mich der Organisation der katholischen Caritas gewidmet habe, habe ich niemals so sehr ihre Bedeutung erkannt wie jetzt, da ich selbst ihrer so mannigfach bedarf. Ich habe niemals mit dieser Deutlichkeit empfunden, wie notwendig es ist, sein ganzes Sein einzusetzen, um die Not der andern zu lindern, und daß man sich bis zum letzten hingeben muss in der Liebe zum Mitmenschen.
Wir haben in der katholischen Kirche den großen Vorzug, diesen echten Caritasgeist von den Tagen der Apostel an stets gepflegt zu haben. Wir wollen nicht müde werden, von diesem Vorzug uns selbst zu überzeugen und von Zeit zu Zeit auch darüber zu reden.
Es wird Sache derjenigen sein, die an der Spitze der katholischen Kirche stehen, daß sie die noch vorhandenen kleinen Mängel auf dem Gebiete der Liebestätigkeit beheben und im Interesse der heiligen Kirche beseitigen. Aber das können wir heute mit Freuden feststellen, daß unser Caritasverband alle andern Wohlfahrtsorganisationen Deutschlands an Umfang und Bedeutung weit überflügelt hat.
Es ist in den Tagen meiner Krankheit viel für mich gebetet worden. Nie lernt man die Macht des Gebetes höher schätzen als zur Zeit der Hilflosigkeit, wenn alle natürlichen Mittel versagen. Da gibt allein das Gebet die Kraft, das Leid zu tragen und sich in Gottes Willen zu ergeben. Ich danke daher allen von Herzen für das Gebet."
(Mitgeteilt von A. Klieber im Geschäftsbericht für 1920/21, Caritas-Archiv, Freiburg)
Quelle:
Lorenz Werthmann, Reden und Schriften, ausgewählt und herausgegeben von Karl Borgmann, Freiburg 1958, Seite 310