Elena Förthner hilft bei der Caritas-Kreisstelle Roth Menschen in schwierigen Lebenslagen mit Allgemeiner Sozialberatung. Foto: Caritas/Peter Esser
"Caritas öffnet Türen. Allgemeine Sozialberatung sichern." Unter diesem Motto führt die Caritas in ganz Deutschland zwischen dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober und dem vom früheren Papst Franziskus ausgerufenen Welttag der Armen am 16. November ihre Armutswochen durch. Der Caritasverband für die Diözese Eichstätt leistet an allen seinen Kreisstellen ihren Kerndienst Allgemeine Sozialberatung. Welche Menschen kommen in diese Beratung und wie wird ihnen dort geholfen? Darüber hat jetzt Elena Förthner von der Caritas-Kreisstelle Roth informiert. Sie leistet den Dienst an der Stelle seit dem Jahr 2020.
Vielfältigkeit der allgemeinen Sozialberatung
"Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung oder Scheidung, Wohnungslosigkeit und Probleme in menschlichen Beziehungen sind wesentliche Gründe, weshalb Menschen uns aufsuchen", erklärt die Rother Caritas-Mitarbeiterin. Laut ihrer Statistik waren es im vergangenen Jahr wesentlich mehr alleinstehende sowie alleinerziehende Personen als Familien. "Das liegt zum einen daran, dass diese insgesamt weniger Geld zur Verfügung haben, aber auch daran, dass sie keine Mitmenschen haben, die ihnen helfen, und sie ganz auf sich allein gestellt sind", so die Pädagogin. Fast zwei Drittel der Hilfesuchenden seien Frauen. Etwa jede zweite Person habe psychische Probleme, nicht wenige litten unter einer Depression, ist ihre Erfahrung. "Vor allem einige ältere alleinstehende Menschen kommen seit Jahren zu mir, weil sie sich einfach einmal aussprechen wollen und wünschen, dass ihnen jemand zuhört."
Bei den meisten Ratsuchenden geht es der Caritasmitarbeiterin zufolge allerdings zuerst um Existenzsicherung: "Grundsicherung beim Sozialamt oder Bürgergeld beim Jobcenter beantragen oder, wenn jemand ein Einkommen hat, Wohngeld und eventuell Kinderzuschlag." Bei chronisch kranken Menschen stellt Elena Förthner oft einen Antrag auf eine Schwerbehinderung. Vor allem bei älteren Menschen lässt sie häufig von der Krankenkasse die Pflegebedürftigkeit überprüfen." Viele Klientinnen und Klienten hätten Kommunikationsprobleme mit Sozialbehörden und vor allem auch damit, dass diese zunehmend erwarten, dass Termine digital vereinbart sowie Anträge online gestellt werden. Manchmal erläutert die Caritas-Mitarbeiterin ihren Klientinnen und Klienten dann am Handy, wie dies geht. Manchmal bittet sie diese aber auch darum, bei der Behörde Anträge auf Papier zu besorgen.
Menschen, die vermeintlich oder tatsächlich zu wenig Sozialleistungen bewilligt bekommen haben, weist die Pädagogin auf die Möglichkeit eines Widerspruchs hin. Obdachlose Menschen vermittelt sie ans jeweilige Ordnungsamt sowie an die Beratungsstelle des Modelprojektes "Gemeinsam für Menschen in Wohnungsnot in Roth & Hilpoltstein". Menschen, die nichts zu essen haben, informiert sie über die Tafel. Wenn es bis zu deren Öffnung mehrere Tage dauert, kann die Caritasmitarbeiterin den Betroffenen zur vorübergehenden Verpflegung einen kleinen Geldbetrag aus Spendenmitteln aushändigen. Menschen mit umfangreicheren finanziellen Schwierigkeiten, die über die allgemeine Sozialberatung hinausgehen, bietet Elena Förthner ein Beratungsgespräch im Rahmen der Schuldner- und Insolvenzberatung an.
Beispiele der Not und Hilfe
"Jeder Fall ist anders", erklärt Elena Förthner, dass es in ihrer Beratung "keine typischen Fälle gibt". Um einen Einblick zu geben, schildert sie zwei anonymisierte Beispiele: Ein verheirateter Mann mit einem Kind verlor seine Arbeit. Er erhielt jedoch nicht sofort Arbeitslosengeld, weil die Arbeitsagentur eine Sperrfrist von drei Monaten gegen ihn verhängte. Um die Existenz zu sichern, half Elena Förthner der Familie, einen Antrag auf Bürgergeld zu stellen. Da der Mann nicht rechtzeitig Unterlagen für das Jobcenter beisteuerte, verzögerte sich aber auch die Auszahlung des Bürgergeldes. In dieser Zeit musste die Frau notoperiert werden. Der Mann konnte sich nicht um eine neue Arbeit kümmern, weil er auf das Kind aufpassen musste. Zur Begleichung von Stromschulden gelang es der Frau immerhin, mit dem Stromanbieter eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Dafür musste sie allerdings das Kindergeld nutzen. "Die Frau war fix und fertig", erzählt Elena Förthner. Es sei wichtig gewesen, ihr in der Beratung Verständnis zu zeigen. Um die finanzielle Lage kurzfristig zu verbessern und die Zeit bis zum Bezug von Sozialleistungen zu überbrücken, bewilligte die Pädagogin der Familie einen Zuschuss aus Spenden von der Caritassammlung.
Ein anderer Fall: Eine Frau kam in die Beratung, weil sie von ihrem Mann geschlagen wurde, der ihr zudem androhte, die Kinder vom Jugendamt wegnehmen zu lassen. Die Frau hatte selbst keine eigenen Einkünfte. Elena Förthner gab ihr zuerst die Kontaktdaten der Polizei, um diese über das Vergehen zu verständigen. Zudem vermittelte sie die Frau an die Frauenberatungsstelle in Nürnberg, die prüfen sollte, ob sie in ein Frauenhaus gehen kann. Außerdem gab die Caritasmitarbeiterin der Betroffenen Kontaktdaten von Rechtsanwälten für den Fall, dass sie eine Scheidung in Betracht zieht. Ferner erklärte sie der Frau, wie sie eine Beratungshilfe beim Amtsgericht beantragen kann.
Auch wenn es zum Teil harte Schicksale sind, mit denen Elena Förthner zu tun hat, fühlt sich diese immer wieder für ihre Arbeit motiviert, "weil ich sehe, dass ich Menschen helfen kann und dass es ihnen nach der Beratung besser geht". Für Hilfesuchende, die keine Beratungsstelle persönlich aufsuchen möchten, weil sie anonym bleiben wollen, beteiligt sich die Pädagogin an einer Onlineberatung des Deutschen Caritasverbandes - und öffnet somit auch hier Türen.
Caritassprecher: Kommunen sollen Beratung fördern
Die Allgemeine Sozialberatung der Caritas wird allein aus Kirchensteuergeldern sowie Spendenmitteln der Caritas finanziert. Um sie dauerhaft zu sichern, fordert Bernhard Gruber, Sprecher für diesen Bereich beim Diözesan-Caritasverband Eichstätt und Sozialberater bei der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt, eine langfristige Förderung durch die Kommunen. "Schließlich erleichtern wir die Arbeit der Kommunen erheblich, in dem wir mit Betroffenen Anträge ausfüllen und Dokumente für sie einholen. Und wir sind für Hilfesuchende Ansprechpartner im Sinne einer Clearingstelle. Oft reicht ein Anruf, um ein Problem zu lösen", erklärt er. Insofern sei die Caritas auch ein "Wegweiser durch den Behördendschungel".