Gisela Hirsch hat in den vergangenen 20 Jahren wesentlich die Fäden für die MAV-Arbeit im Caritasverband für die Diözese Eichstätt gezogen. Ende dieses Jahres geht sie in den Ruhestand. Foto: Caritas/Peter Esser
Gisela Hirsch (65), Führungskraft der Mitarbeitervertretung (MAV) beim Caritasverband für die Diözese Eichstätt, geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Die Ingolstädter Sozialpädagogin engagiert sich seit 20 Jahren in vielfältiger Weise für die Mitarbeiterschaft in dem katholischen Wohlfahrtsverband. Sie ist seit 2005 Mitglied in der Mitarbeitervertretung (MAV) Zentrale, Kreisstellen und angeschlossene Beratungsstellen, seit 2009 durchgehend deren Vorsitzende. Seit 2009 gehört sie ferner dem Vorstand der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (MAVen) im Bereich der Caritas an und seit 2015 ist sie auch deren Vorsitzende. Seit 2020 steht sie zudem an der Spitze der Gesamt-MAV des Caritasverbandes Eichstätt. Und bereits seit 2015 ist sie gewähltes Mitglied der Mitarbeiterseite der Regionalkommission Bayern der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas.
Caritasdirektor: "Leidenschaftliches Engagement" gezeigt
Caritasdirektor Alfred Frank (Mitte) und sein Stellvertreter Andreas Steppberger dankten Gisela Hirsch für ihr langjähriges Engagement und verabschiedeten sie bei der Caritas-Weihnachtsfeier. Foto: Caritas/Peter Esser
Für Caritasdirektor Alfred Frank hat Gisela Hirsch in all den Jahren ein "leidenschaftliches Engagement mit Standhaftigkeit für die Durchsetzung von Dienstnehmerinteressen" gezeigt und stets eine Schlüsselrolle bei Gesprächen und Verhandlungen eingenommen. Der Caritasverband sei als Dienstgeber naturgemäß nicht immer einer Meinung mit ihr gewesen, aber es habe grundsätzlich "ein gutes Miteinander" gegeben. Frank dankte Gisela Hirsch für ihre Arbeit bei einer Caritas-Weihnachtsfeier.
"Ich halte es grundsätzlich für wichtig, die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber dem Dienstgeber auch im kirchlichen Kontext zu vertreten, Arbeitsbedingungen mitzugestalten und Gesundheits- und Arbeitsschutz zu fördern sowie - wie es die Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) vorsieht - darauf zu achten, dass die Mitarbeitenden nach Recht und Billigkeit behandelt werden", erklärt Gisela Hirsch ihre Motivation für ihr langjähriges Engagement. Und ihre Gesamtbilanz fällt positiv aus: "Ich blicke ganz zufrieden zurück - mehr und besser ginge natürlich immer. Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich freue mich auf den kommenden Lebensabschnitt mit mehr Zeit für mich und die Dinge, die ich immer schon einmal machen wollte, und andererseits tut es mir leid und bin ich traurig, die MAVen zu verlassen. Ich war sehr gerne und mit Leidenschaft Mitglied und Vorsitzende unserer MAVen", so die Caritas-Mitarbeiterin.
Doch sie verhehlt nicht, auch negative Erfahrungen gemacht zu haben: "Was mich enttäuscht hat, ist die Tatsache, dass so wenige Kolleginnen und Kollegen bei der letzten MAV-Wahl bereit waren, sich für die MAV- Arbeit zur Wahl zu stellen. Die MAV Zentrale und Beratungsstellen könnte aus elf Mitgliedern bestehen. Nach meinem Ausscheiden werden jetzt nur noch fünf - immerhin sehr engagierte - Frauen diese MAV bilden." Ebenfalls als negativ hat Gisela Hirsch es empfunden, "dass mehrere Anregungen der MAV vom Dienstgeber mit dem Totschlagargument ‚Das ist zu teuer‘ abgelehnt wurden, zum Beispiel die Beteiligung an einem "Job-Ticket" für den öffentlichen Nahverkehr oder dem "Deutschlandticket". Erfreulich war für sie hingegen stets "der Zusammenhalt der MAV-Mitglieder untereinander und das gemeinsame Ringen um kleinere und größere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Auch die Kooperation mit den Dienstgebervertretern, in der meist der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit - den die MAVO als Arbeitsgrundlage vorgibt - berücksichtigt wurde, empfand ich insgesamt positiv."
Gisela Hirsch bedauert allerdings, "dass die MAVO mit weniger starken Beteiligungsrechten ausgestattet ist als zum Beispiel das Betriebsverfassungsgesetz, sodass die Möglichkeiten der MAVen im kirchlichen Bereich doch beschränkt sind". Auch der sogenannte dritte Weg als Sonderweg der Kirchen im Arbeitsrecht hat für Gisela Hirsch Vor-, aber auch Nachteile. "Es ist natürlich grundsätzlich eine schöne Idee, dass beide Seiten im gemeinsamen Ringen zu Kompromissen kommen müssen. Voraussetzung für ein Gelingen ist dann allerdings die Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten und wäre die gleiche Verteilung der Machtmittel. Dies ist leider nicht immer der Fall. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im kirchlichen Dienst werden Rechte zur Durchsetzung ihrer Forderungen vorenthalten, die andere haben: zum Beispiel das Streikrecht, so dass manchmal nur `kollektives Betteln´ bleibt, wie die Vertreter der Mitarbeiterschaft dies untereinander nennen."
Für die Mitarbeitenden "einiges erreicht"
Doch die MAV-Vorsitzende sieht durchaus, dass sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter "einiges erreicht haben". Hauptaufgabe sei stets die Zustimmung zu Personalmaßnahmen gewesen: die Beratung und Zustimmung zu Einstellung und Eingruppierung von neu einzustellenden Kolleginnen und Kollegen, die Anhörung bei Kündigungen, die Beteiligung bei der Bewerbung von schwerbehinderten Menschen, die Beratung von Kolleginnen und Kollegen, das Vorbringen von Beschwerden beim Dienstgeber und die Begleitung zu Personalgesprächen. "Es konnten Arbeitsverträge entfristet, Dienstvereinbarungen abgeschlossen und der Fortbildungsetat für die Mitarbeitenden erhöht werden. Eingeführt wurden unter anderem die ‚Bewegte Pause‘ zur Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz, ein Zeitwertkonto und ein Fahrradleasing und einige andere Dinge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor Ort." Als sehr positiv sieht sie rückblickend den Zusammenhalt zwischen Dienstgeber, MAV und Mitarbeiterschaft während der Corona-Zeit, in der, ohne große Umstände zu machen, unkonventionelle Regelungen eingeführt wurden: "zum Beispiel eine großzügige Erweiterung der Rahmen-Arbeitszeit, um die Kinderbetreuung in der Anfangszeit der Pandemie zu sichern, die Möglichkeit von zu Hause aus im "Homeoffice" zu arbeiten, auch die Regelungsabrede dazu nach dem Ende der Pandemie".
Eine besonders schöne Sache der MAV Zentrale und Beratungsstellen ist Gisela Hirsch zufolge das Solidaritätsprojekt der Mitarbeiterschaft, welches eine Vorgänger-MAV schon vor über 25 Jahren ins Leben rief. "Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spenden die Restcents ihres Gehalts für dieses Projekt und wir haben auch einige Dauerspender, von denen bereits manche im Ruhestand sind und trotzdem weiterspenden", freut sich die MAV-Vorsitzende. Derzeit unterstützt die MAV mit dem Spendengeld den Verein Zeltschule mit dem Einverständnis der Mitarbeitervollversammlung. Bei diesem Projekt erhalten Kinder in Flüchtlingslagern Schulunterricht von ebenfalls geflüchteten Lehrern zum Großteil in Zelten, vor allem in Syrien und im Libanon.
Fragt man Gisela Hirsch, mit welchen Worten sie andere zu einer MAV-Arbeit motivieren möchte, antwortet sie: "Für sich selbst und andere einstehen, für Verbesserungen kämpfen und ringen, auch wenn es mühsam ist, denn es lohnt sich". Ihren Nachfolgerinnen und Nachfolgern in MAV-Führungspositionen wünscht sie "Mut, Durchhaltevermögen, Freude an der Arbeit und Unterstützung durch die Mitarbeiterschaft".