Über das Thema Personalentwicklung gegen Fachkräftemangel in der Kita diskutierten beim Bildungsdialog unter anderen Professorin Dr. Anke König (links) und Caritas-Fachberaterin Petra Berwerz-Hein.Foto: Caritas/Esser
"Ein Umdenken muss stattfinden. Kitas werden ausgebaut, aber das Personal ist nicht da." Dieses Fazit hat Petra Berwerz-Hein, Fachberaterin im Referat Kindertageseinrichtungen des Diözesan-Caritasverbandes, am Ende eines Bildungsdialoges gezogen, den der Eichstätter Sozialver-band gemeinsam mit dem Verband katholischer Kindertageseinrichtungen Bayern im Bildungs-haus Schloss Hirschberg veranstaltete. Die eingeladene Professorin für Allgemeine Pädagogik mit Schwerpunkt Frühpädagogik an der Universität Vechta, Dr. Anke König, gab in einem Vor-trag "Fachkräfteentwicklung, - bindung und -gewinnung. Personalentwicklung als Antwort auf den Fachkräftemangel" rund 35 Trägervertretern, Leitungskräften und Mitarbeitenden aus dem Bereich Kindertageseinrichtungen neue Impulse.
König machte darauf aufmerksam, dass einerseits kein Arbeitsmarkt so schnell wachse wie jener der frühen Bildung. 2021 seien bereits über 818.000 Personen in Kitas in Deutschland tätig gewesen. Dem stehe andererseits gegenüber, dass die Bereiche "Sozialarbeit und Sozialpädagogik" sowie "Kinderbetreuung und -erziehung" die "Berufe mit den größten Fachkräftelücken" aufweisen. Im Kitabereich gebe jede vierte Leitungskraft an, Stellen aufgrund mangelnder Bewerbungen nicht besetzen zu können. Trotz dieser "Zeitenwende" verändere sich der Arbeits-markt an sich nicht: "93 Prozent der Personen sind Frauen. Sechs von zehn Fachkräften arbeiten mit einem Wochenumfang unterhalb einer Vollzeitstelle. Und sieben von zehn Fachkräften sind Erzieherinnen und Erzieher."
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, stellte die Referentin neben Personalgewinnung Personalentwicklung als wesentlichen Schlüssel heraus. Diese sei mehr als individuelle Weiterbildung. Vielmehr müssten individuelle Ziele mit der Qualität der Organisation verbunden und so Teams gestärkt werden, so die Professorin. Um zu veranschaulichen, wie die verschiedenen Mitarbeitenden eines Kita-Teams zusammenwirken sollten, zeigte König den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Videoclip einer Musikgruppe, in der einer den Takt angibt und sich sodann alle Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Instrumenten mit Blickkontakt zueinander ideal einbringen. "Ein solches gemeinsames Arrangement brauchen wir auch in den Teams der Kitas", meinte König und ergänzte: "Personalentwicklung kann im Team einen gemeinsamen Takt herstellen, dazu braucht es ein Umdenken: weg von der alleinigen Autonomie der Fachkraft hin dazu, wie pädagogische Qualität im Kontext des Teams hergestellt wird."
Hinsichtlich der Teams in Kindertageseinrichtungen entfaltete sich bei dem Bildungsdialog unter den Beteiligten eine Diskussion, inwieweit diese multiprofessionell sein sollten. Einerseits wurde mehrfach betont, "dass die pädagogischen Fachkräfte den Hut aufhaben sollten", andererseits aber dafür plädiert, dass auch andere Berufe vermehrt Einzug in die Einrichtungen erhalten soll-ten. Während einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch fachfremde Berufe wie Schreiner oder Förster erwähnten, sprachen sich andere für solche aus, die denen von Erzieherinnen und Erziehern ähnlicher sind, zum Beispiel aus der Heil- und Musikpädagogik.
Professorin Dr. Anke König machte unterdessen darauf aufmerksam, dass die hohe Fluktuation in den Kitas auch mit dem am Arbeitsplatz empfundenen Stress zusammenhänge. Die Zahl der psychischen Erkrankungen im Bildungsbereich sei in den letzten Jahren gestiegen. Sie verwies auch auf eine Studie, nach der sich Arbeitsplatzstress negativ auf die Beziehung zwischen Erzieherinnen sowie Erziehern und Kindern auswirke. "Wenn die Anforderungen im Beruf hoch sind und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Druck verspüren, dann hilft es, die Anforderungen zu kontrollieren und enge Beziehungen zu anderen aufzubauen, um den Stress zu bewältigen", empfahl die Professorin. Wichtig sei, dass Mitarbeitende sowohl auf die Ressource "soziale Unterstützung" zurückgreifen als auch autonom in ihrem Berufsalltag handeln könnten. Dazu gehöre, auch eigene Idee einbringen zu können "und nicht nur die Routine abzuarbeiten". Grundsätzlich stellte die Referentin fest: "Erst wenn Erzieherinnen und Erzieher mit besseren Arbeitsbedingungen rechnen dürfen, werden auch diejenigen zurückkehren, die sich in einen anderen Job oder die Teilzeit geflüchtet haben. Und erst dann werden genügend junge Menschen eine pädagogische Ausbildung beginnen."