Sandra Daniel (links) und Marie-Lena Brauer von der Caritas-Suchtambulanz Ingolstadt hielten in der THI einen Vortrag über die Suchtgefahren bei digitalen Medien und Glücksspiel. Foto: Caritas/Peter Esser
"Legen Sie medienfreie Zeiten fest und setzen Sie sich bei der Nutzung von Medien und Betreibung von Online-Glücksspielen ein zeitliches sowie finanzielles Limit! Schalten Sie Push-Nachrichten aus! Stecken Sie Ihr Smartphone mal tief in den Rucksack statt in die Hosentasche und nehmen Sie das Handy nicht mit ins Bett!" Solche und andere konkrete Tipps hat die Sozialpädagogin und Systemische Beraterin Sandra Daniel von der Caritas-Suchtambulanz Ingolstadt gestern Studierenden und anderen Interessierten im Rahmen der Wochen der seelischen Gesundheit an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) bei einem Vortrag "Wann werden digitale Medien und Glücksspiel zur Sucht?" gegeben. Diesen hielt sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Marie-Lena Brauer, die Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin ist.
Nach Mitteilung von Marie-Lena Brauer kommen nur wenige Klientinnen und Klienten wegen einer übermäßigen Social-Media-Nutzung in die Beratung der Caritas-Suchtambulanz. "Am häufigsten sind bei uns Glücksspielsucht, Pornographie-Nutzungsstörungen, Online-Kaufsucht und PC-Spiel-Störungen", informierte die Psychologin. Bei den Glücksspielarten herrschen Sandra Daniel zufolge unter anderen Sportwetten, Automatenspiele, Casino, Lotterie, Poker, spekulative Börsenspiele und Online-Glücksspiele vor. Die Sozialpädagogin betonte: "Jedes Spiel kann zum Glücksspiel werden." Dies sei der Fall, wenn man erstens Geld einsetzt, um teilzunehmen, wenn zweitens das Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt und wenn drittens Kompetenz eine untergeordnete Rolle spielt.
Mediensüchtig kann laut Marie-Lena Brauer ein Mensch sein, wenn er ständig an sein Handy denkt oder Entzugserscheinungen zeigt, wenn es nicht da ist - diese offenbaren sich etwa in Gereiztheit, Schlafstörungen oder innerer Unruhe - und wenn Abstinenzversuche erfolglos sind und zu Kontrollverlust führen. Konsequenzen, welche die Caritasmitarbeiterinnen in ihrer Beratung erleben, seien unter anderen, dass dadurch Beziehungen und die Arbeitsstelle gefährdet sind. Glücksspielsucht zeigt sich nach Erfahrung von Sandra Daniel unter anderem dadurch, dass Betroffene stark durch diese Spiele eingenommen sind, Versuche, sie einzuschränken, scheitern, das Spielen verheimlicht wird und auch hierdurch Beziehungen und Arbeit gefährdet werden.
Marie-Lena Bauer nannte ein konkretes Beispiel, wie der Teufelskreis der Mediensucht entsteht: "Eine Studentin erlebt viele Likes als eine angenehme und aufregende Erfahrung. Da sie sich nicht auf eine Prüfungsvorbereitung konzentrieren kann, greift sie immer häufiger zum Handy, um sich an den Likes zu erfreuen. Dadurch rücken ihre Prüfungssorgen in den Hintergrund. Sie steigert immer wieder ihre Handynutzung und vernachlässigt immer mehr wichtige Aufgaben in ihrer realen Welt. Dadurch entstehen neue Probleme, die wiederum zu einer Flucht in digitale Medien und Glücksspiele führen." Dies wiederum könne zum Beispiel Schmerzen, Bewegungsmangel und depressive Symptome zur Folge haben, so die Psychologin. Pornographie-Nutzungsstörungen zeigten sich etwa durch Konzentrationsstörungen, Partnerschaftskonflikte und Müdigkeit.
Bei einer Glücksspielstörung kommt es bei Betroffenen laut Sandra Daniel häufig zu Schuld- und Schamgefühlen. Die Tatsache, dass viel Geld für Glücksspiele ausgegeben wird anstatt dieses für familiäre Notwendigkeiten zu verwenden, führe nicht selten zu familiären Konflikten oder sogar zu Trennungen und Scheidungen. Durch die eintretende Verschuldung drohten zum Beispiel der Verlust der Wohnung oder des Arbeitsplatzes. "Rund ein Viertel der Betroffenen, bei denen eine Glücksspielsucht diagnostiziert wurde, hat schon einmal einen Suizidversuch unternommen", berichtete Sandra Daniel.
Die Sozialpädagogin machte Betroffenen aber dadurch Mut, indem sie ihnen mehrere Behandlungsformen nannte. Zu diesen gehören unter anderen eine stationäre Reha bei Abhängigkeitserkrankungen, eine ambulante Psychotherapie, Online-Selbsthilfegruppen und Suchtberatung. Letztere ist zum Beispiel möglich bei der Caritas-Suchtambulanz Ingolstadt, Jesuitenstraße 1, 85049 Ingolstadt, Telefon 0841 309-300, E-Mail: suchtambulanz@caritas-ingolstadt.de