Es ist 15.00 Uhr und ich wollte in diesen Tagen für die Caritas sammeln. Soll ich noch einen Kaffee trinken bevor ich das Haus verlasse oder besser einen Schnaps zur Motivation? Das Gefühl, das mich beherrscht, ist nicht gerade erfolgsversprechend. Wo fange ich an? Am besten bei der Familie, die als guter Geber bekannt ist. Also, frisch gestylt verlasse ich mein Haus. In der Straße wohnt eine gute Bekannte. Beim Öffnen der Tür kommt mir schon ein Kaffeegeruch entgegen. "Schön, dass du gerade recht zum Kaffeetrinken kommst". Natürlich setze ich mich und nehme mir Zeit für einen kurzen Ratsch. Aber ich muss weiter. Ich gehe durch die Straßen und läute an den Haustüren. Immer werde ich freundlich begrüßt und alle geben mir einen Betrag und schreiben diesen in die Liste. Um die Ecke komme ich zu einer Familie, die auch am Kaffeetisch sitzt. "Na setz dich gleich her, trinke mit mir Kaffee". Nur nicht zögern denke ich; zwei Tassen machen mir nichts aus und außerdem wollte ich ihre Gemütlichkeit nicht rauben. Nach einiger Zeit verabschiede ich mich und gehe meine Runden. Einen jungen Ortsansässigen, der mit seiner Familie neu in unsere Siedlung gezogen ist, bitte ich um eine Spende für die Caritas. "Selbstverständlich", meint er und gibt mir ein paar Euro-Münzen. Als ich ihn bitte, seine Spende in die Liste einzutragen, zuckt er zusammen. "Oje, jetzt weiß ich, was ich das nächste Mal geben muss", sagt er. In meiner Siedlung bekomme ich nämlich häufig nur Scheine. "Paßt scho und Vergelt’s Gott", war meine Antwort und er lachte. Die Zeit verging und die Turmuhr schlug 18:00 Uhr. Das nächste Haus mache ich noch und dann ist für heute Schluss. Ich läute und der Mann kam heraus. "Bist grad richtig zur Brotzeit, komm setzt dich her". Ich wagte nicht, es abzulehnen, da er und seine Frau krank waren und vielleicht eine Unterhaltung wünschten. Wir lachten und aßen und ich ging mit gefülltem Geldbeutel und Magen nach Hause - irgendwie glücklich. Sammlerin (72 Jahre) seit 10 Jahren Caritas-Sammlerin- Mein Caritas-Moment
Anlässlich des 30-jährigen Bestehens unseres Krankenpflegevereins haben wir unsere Mitgliederversammlung unter das Motto "Einander zum Engel werden" gestellt. Der Gottesdienst wurde entsprechend gestaltet und die Tische wurden liebevoll mit Engeln dekoriert. Jedes Mitglied durfte als Geschenk - als "give away" - seinen zarten, lichthellen Engel mit nach Hause nehmen. Soweit - so gut. Nach Monaten erzählte mir die Referentin, die Pflegedienstleitung einer Caritas-Sozialstation, dass dieses Lichtsymbol weit über unseren Abend hinausgestrahlt hat. Denn sie nahm ihren Engel mit zu all ihren Vorträgen in den Krankenpflegevereinen der Diözese Eichstätt und bat die Mitglieder, dass sie einander zum Engel werden sollen. Und zurzeit hat der Engel seinen Platz in der Studentenwohnung ihrer Tochter. Mitarbeiterin (60 Jahre)- Mein Caritas-Moment
Eines Tages kam ein ungefähr 50-jähriger Mann zu mir in die Beratungsstelle. Er war verheiratet und hatte eine feste Arbeit. Es stellte sich heraus, dass er fast vollständig den Überblick über seine finanziellen Verhältnisse verloren hatte. Die Wohnung war wegen Mietschulden bereits gekündigt, die Zwangsräumung stand bevor. Außerdem hatte er auch noch bei mehreren anderen Gläubigern Schulden. Er war sehr verzweifelt und suchte bei der Schuldnerberatung Hilfe und Unterstützung. Nachdem ich einen Überblick über seine finanzielle und soziale Situation gewonnen hatte, fing die Arbeit an. Zunächst wurden eine leistbare Rate mit dem Anwalt des Vermieters vereinbart und die anderen Gläubiger wegen einer akutellen Forderungsaufstellung angeschrieben. Auch ein Haushaltsplan wurde gemacht. Zum Schluss der etwa sechsmonatigen Beratung konnte er sein Mietverhältnis sichern und angemessene Zahlungen vereinbaren. Die größte Last war damit von seinen Schultern genommen. Eines Tages sagte er zu mir: "Sie haben mir den Weg gewiesen, ich hatte ihn verloren. Alles ging kreuz und quer und jetzt kann ich wieder besser schlafen." Das war auch für mich eine große Freude und zeigte mir, dass unsere Beratungsarbeit erfolgreich sein kann - zum Wohle der Menschen. Vieles ist in dieser Beratung möglich geworden, weil dieser Mann guten Willen hatte, mitgearbeitet und mir vertraut hat. Das gibt wieder Auftrieb für andere Beratungen. Nicht immer gelingt der große Durchbruch wie in diesem Fall, aber oft sind es auch kleine Veränderungen, die Menschen weiterhelfen. Caritasmitarbeiter (54)- Mein Caritas-Moment
Ich habe bei vier Geistlichen und in sieben Straßen gesammelt. Fragt mich mal einer der Geistlichen: "Na, wie ist es so ergangen?" - "Wenn ich mal in Rente bin, schreibe ich ein Buch übers Caritas-Sammeln." Einige Beispiele: Sagte mir eine Frau, sie freut sich immer, wenn ich meine Runde drehe. Sie hat das einmal gemacht und für ihre Kirche Kirchengeld gesammelt. Sie würde das nie mehr machen. Sie bewundert mich. "Ja", sage ich, "was macht man nicht alles, dass man mal in den Himmel kommt". "Na, da haben Sie was gesagt. Da müssten’s mal meine Tochter hör’n, die würde sie darüber richtig aufklären". Ein Prediger von einer Sekte hat mehrmals gesagt: "Da gebe ich gerne, die Caritas tut was." Ein Mädchen, ca. 12 Jahre, holte aus seiner engen Hose einen kleinen Beutel und gab den Inhalt mir: "Die Eltern sind nicht da, ich hätte gern mehr gegeben, aber ich hab nicht mehr." Inzwischen ist aus ihr eine Dame geworden und gibt reichlich. Sagte ein Elektromeister in einem großen Betrieb: "Die Mutter ist jetzt nicht da, ich soll doch später kommen." Das mache ich nicht …. (die Mutter ist jung Witwe geworden und hat vier Kinder alleine großgezogen). Ähnliches kommt immer mal wieder vor, wenn ich die mittlere Generation antreffe: dass sie bei den alten Eltern läuten und selber verschwinden. Ein Mann, der immer gebefreudig und freundlich war, sagte zu mir: "Aus ganz bestimmten Gründen geb ich für die Caritas nichts mehr her." Da war ich platt. Nach zwei Jahren probierte ich es wieder: Er gab wie immer. Eine Familie konnte ich nie auslassen - wegen der Antworten. Schon wenn ich die Gartentür öffne, riecht es schon nach Reichtum. Die Frau. "Am Sonntag komme ich rüber, dann geb’s ich dem Pfarrer persönlich" ; "Ach Gott, jetzt hab‘ ich erst Weihnachten so viel gegeben". Und ihr Mann sagte nach einer Spende von einem Euro: "Brauchen's nicht reinschreiben", dann verlangte er die Liste doch, machte einen tiefen Seufzer und gab das nächste Mal das Doppelte und sagte dazu: "Und wer gibt mir was?" So könnte ich noch lange fortfahren. Das Sammeln war, solange ich am Bau arbeitete, fast eine Last. Als ich mich in Rente befand, war es eine Lust, und seit 10 Jahren, da ich in einer toten Wohnung lebe, ist es eine Notwendigkeit. Der Körper ist verbraucht, nun gehe ich in Sammlerrente. Sammler (82 Jahre)- Mein Caritas-Moment