Seit dem Tode meiner Frau sammle ich an ihrer Stelle. "Ich bin der Mann der blonden Frau mit dem weißen Rad", stellte ich mich bei der Frühjahrsaktion vor. Im Herbst konnte ich bereits davon profitieren. Ich erhielt viel Anerkennung für meine Frau, die seit zwanzig Jahren bei jedem Wetter und trotz beruflicher Belastung unermüdlich sammelte. Stolz bin ich, dass ich ihr Ergebnis leicht übertreffen konnte. Sie hatte in dieser Zeit viel erlebt. Einmal fragte ein Kind seine Mutter: "Ist diese Frau arm, muss sie sammeln, dass ihre Kinder etwas zum Essen haben?" Ich selbst habe ihre Erfahrungen weiterentwickelt. Läute ich an einer Haustüre, warte ich in gebührendem Abstand zur Eingangstüre die Zeit eines Vaterunsers ab, ob geöffnet wird. Wenn nicht, läute ich ein zweites Mal und habe oftmals Erfolg, jemanden anzutreffen. Bewusst habe ich ein Trachtensakko an und eine Aktentasche in der Hand, auf der ich die Information zur Sammlung halte, da ich weiß, dass ich beobachtet werde. Dadurch grenze ich mich von Personen ab, die ein Geschäft abschließen wollen. Im Gespräch erkläre ich das Logo, das Flammenkreuz und die Tätigkeit der Caritas. Sind Kinder mit dabei, erwähne ich die Beratungsangebote für sie. Ansonsten weise ich auf die Hilfe durch die Caritas im Krankenfall hin und erwähne, dass ich auch Verständnis habe, wenn jemand nicht spenden will und frage, ob ich beim nächsten Male wieder läuten dürfe. An einer Haustüre stellte sich im Gespräch mit einer älteren Dame heraus, dass sich die Zierleiste an ihrem Auto gelöst hatte. Ich bot mich an, ihr zu helfen, was auch gelang und sie verdoppelte ihre Spende. In einem anderen Fall bewunderte ich Pflanzen im Garten und erhielt im Herbst zwei Blumenstöcke für meinen Garten. Sammler seit 2017
Die Diabetiker Selbsthilfegruppe des Krankenpflegevereins Greding organisiert seit 2002 im 2-Monatsrythmus Vorträge zum Thema Gesundheit und Diabetes. Eines Tages sagte ein Referent völlig überraschend eine Woche vorher ab. Der Vortrag war aber bereits in allen Medien angekündigt worden. Jetzt war schnelles Handeln angesagt. In unserer Not riefen wir in der Klinik an und erkundigten uns, ob nicht ein Arzt kurzfristig einspringen könnte. Und siehe da: Der Chefarzt der Inneren Medizin sagte spontan zu. Er konnte zwar nicht an dem angekündigten Termin kommen, doch eine Woche darauf hielt er für unsere Gruppe einen hervorragenden Vortrag. Noch zehn Jahre später erinnerte sich die Organisatorin an seine Reaktion auf unsere Anfrage: "Zu diesem christlichen Verein bin ich bereit, auch kurzfristig zu kommen!" Für unsere Gruppe war diese Hilfe wahre Nächstenliebe und ein besonderer "Caritas-Moment". Mitarbeiterin (60 Jahre)
Ich habe bei vier Geistlichen und in sieben Straßen gesammelt. Fragt mich mal einer der Geistlichen: "Na, wie ist es so ergangen?" - "Wenn ich mal in Rente bin, schreibe ich ein Buch übers Caritas-Sammeln." Einige Beispiele: Sagte mir eine Frau, sie freut sich immer, wenn ich meine Runde drehe. Sie hat das einmal gemacht und für ihre Kirche Kirchengeld gesammelt. Sie würde das nie mehr machen. Sie bewundert mich. "Ja", sage ich, "was macht man nicht alles, dass man mal in den Himmel kommt". "Na, da haben Sie was gesagt. Da müssten’s mal meine Tochter hör’n, die würde sie darüber richtig aufklären". Ein Prediger von einer Sekte hat mehrmals gesagt: "Da gebe ich gerne, die Caritas tut was." Ein Mädchen, ca. 12 Jahre, holte aus seiner engen Hose einen kleinen Beutel und gab den Inhalt mir: "Die Eltern sind nicht da, ich hätte gern mehr gegeben, aber ich hab nicht mehr." Inzwischen ist aus ihr eine Dame geworden und gibt reichlich. Sagte ein Elektromeister in einem großen Betrieb: "Die Mutter ist jetzt nicht da, ich soll doch später kommen." Das mache ich nicht …. (die Mutter ist jung Witwe geworden und hat vier Kinder alleine großgezogen). Ähnliches kommt immer mal wieder vor, wenn ich die mittlere Generation antreffe: dass sie bei den alten Eltern läuten und selber verschwinden. Ein Mann, der immer gebefreudig und freundlich war, sagte zu mir: "Aus ganz bestimmten Gründen geb ich für die Caritas nichts mehr her." Da war ich platt. Nach zwei Jahren probierte ich es wieder: Er gab wie immer. Eine Familie konnte ich nie auslassen - wegen der Antworten. Schon wenn ich die Gartentür öffne, riecht es schon nach Reichtum. Die Frau. "Am Sonntag komme ich rüber, dann geb’s ich dem Pfarrer persönlich" ; "Ach Gott, jetzt hab‘ ich erst Weihnachten so viel gegeben". Und ihr Mann sagte nach einer Spende von einem Euro: "Brauchen's nicht reinschreiben", dann verlangte er die Liste doch, machte einen tiefen Seufzer und gab das nächste Mal das Doppelte und sagte dazu: "Und wer gibt mir was?" So könnte ich noch lange fortfahren. Das Sammeln war, solange ich am Bau arbeitete, fast eine Last. Als ich mich in Rente befand, war es eine Lust, und seit 10 Jahren, da ich in einer toten Wohnung lebe, ist es eine Notwendigkeit. Der Körper ist verbraucht, nun gehe ich in Sammlerrente. Sammler (82 Jahre)
In über 30 Jahre Caritas-Sammeln habe ich viel Negatives und sehr viel Positives erlebt und erfahren. Über Negatives - da muss man hinwegschauen. Es gab auch welche, die von vornherein schon gesagt haben: "Da geb ich nichts her". Da gehe ich auch nicht mehr hin. Die Leute muss man halt nehmen, wie sie sind. Bei den meisten werde ich freundlich erwartet. Mit meiner langen Erfahrung weiß man schon, wie man empfangen wird. An ein Erlebnis denke ich oft zurück: Vor zirka zwei Jahren kam ich zu einer Frau (90 Jahre) und sagte zu ihr: "Jetzt bekommen wir wieder einen neuen Pfarrer, da möchte ich das Caritas-Sammeln aufgeben!" Da sagte sie zu mir: "Das darfst du dem Pfarrer nicht antun, da muss er sich ja wieder nach einem anderen umschauen. Es ist nicht so einfach, gleich wieder einen zu finden." Jetzt mach ich halt wieder so weiter, es ist ja auch schön, wenn man zu den Leuten kommt. Da gibt’s auch manchmal was zu lachen oder man erfährt was Neues. Wenn es die Gesundheit erlaubt, gehe ich noch einige Jahre sammeln. Sammlerin (71 Jahre)